Kreishaushaltsrede von Walter Heiler am 27. Januar 2011

Veröffentlicht am 03.02.2011 in Kreistagsfraktion

Walter Heiler
SPD Kreistagsfraktion
Kreishaushaltsrede 27. Januar 2011
Pestalozzi-Halle Graben-Neudorf
-Es gilt das gesprochene Wort-

Finanzen

Von Robert Louis Stevenson, dem Verfasser so bekannter Romane wie die „Schatzinsel“ oder „Dr. Jekyll and Mr. Hyde“ stammt der Satz: „Im Leben geht es nicht nur darum, gute Karten zu haben, sondern auch darum, mit einem schlechten Blatt gut zu spielen.“

Ich möchte dieses Zitat meinen Ausführungen voranstellen, weil ich der festen Überzeugung bin, dass Jammern alleine noch niemandem geholfen hat. Man muss versuchen, aus der Realität das Optimale zu machen.

Bei der Verabschiedung des Kreishaushaltes vor einem Jahr war, aus damaliger Sicht verständlich, noch ein großes Jammern und Wehklagen zu hören. Es hätte nicht viel gefehlt, und einer der Kollegen hätte für das Jahr 2010 den Weltuntergang prophezeit.

Wie wurde das Jahr tatsächlich? Wie unterschiedlich die Auffassungen sein können, belegt, sehr geehrter Herr Landrat, Ihre Haushaltsrede. Sie haben davon gesprochen, die Aussichten hätten sich nicht aufgehellt, schöne Tage seien noch nicht in Sicht.

Ich habe die letzten Wochen viele Neujahrsempfänge besucht, bei denen unter anderem auch Herr Innenminister Rech, unser ehemaliger Kreistagskollege, als Grußwortredner aufgetreten ist. Ich habe selten einen so euphorischen Minister erlebt. Klar, nach Stuttgart 21 muss ja irgend wo wieder Licht zu sehen sein. Er sprach von hervorragenden Aussichten, die Wirtschaft würde boomen, wir gingen in eine glänzende Zukunft. Nun kann sich natürlich ein Innenminister einige Wochen vor der Landtagswahl nicht hin stellen und das Ende der Welt verkünden. Aber ganz Unrecht dürfte der Minister nicht haben. Es ist in der Tat so, dass wir beispielsweise gerade in unserer Region eine seit vielen Jahren noch nie da gewesene geringe Zahl an Arbeitslosen haben. Wir erleben, nach den Krisenjahren 2009 und 2010, eine –realistisch betrachtet- nie erwartete Wiederbelebung der Wirtschaft. Der Bundeswirtschaftsminister Brüderle muss aufpassen, dass er vor lauter Stolz – obwohl er für diesen Aufschwung eigentlich am wenigsten kann – nicht bald platzt.

Die entscheidende Frage ist allerdings, wann dieser Aufschwung mit allen positiven Konsequenzen auch bei den Kommunen und damit bei den Menschen ankommt. Für die Lebensqualität der Menschen in unserem Land und für den Erfolg des Wirtschaftsstandorts Deutschland sind die Güte und die Verlässlichkeit kommunaler Leistungen entscheidend. Auch bei der Bewältigung der großen gesellschaftlichen Aufgaben wie Chancengerechtigkeit, Armutsbekämpfung, Integration, demografischer Wandel, Umwelt- und Klimaschutz nehmen die Städte wie auch Gemeinden und Kreise eine Schlüsselrolle ein. Starke Kommunen sind für die gesellschaftliche und politische Stabilität unseres Gemeinwesens unabdingbar, so steht es mit Recht in einer Resolution des Deutschen Städtetages vom 18. November 2010.

Der deutsche Städtetag prophezeit, dass erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik ein zweistelliges Milliardendefizit bei den Kommunen absehbar sei.

Nun gehört Jammern und Wehklagen zum Handwerk, auch was die kommunalen Spitzenverbände angeht. Tatsache ist allerdings, dass ohne die notwendige finanzielle Ausstattung die vielfältigen Aufgaben in kommunaler Verantwortung, damit einhergehend das kommunale Selbstverwaltungsrecht und die Demokratie insgesamt in Gefahr sind.
Ich will deshalb in aller Kürze deutlich formulieren, was unser gemeinsames Bestreben auch hier im Kreistag sein muss, um unsere Finanzen im Kreis und in den Kommunen zu retten:

Es kann nicht sein, dass jedes Jahr die „gleiche Sau“ durchs Dorf getrieben wird, die da heißt, Abschaffung der Gewerbesteuer. Noch niemand war in der Lage, eine für die Kommunen akzeptable Alternative zur Gewerbesteuer zu entwickeln. Gewerbesteuer ist die wichtigste Einnahmequelle der Kommunen, und letztlich profitiert auch der Kreis davon. Nur eine Zahl: das bundesweite Gewerbesteueraufkommen in 1995 betrug 21,6 Milliarden, im Jahre 2008 – 41 Milliarden Euro. Es ist also nicht so, dass die Gewerbesteuer eine unzuverlässige Komponente ist. Ich sage deshalb klipp und klar: hört in Berlin endlich auf, Euch mit der eventuellen Abschaffung der Gewerbesteuer zu befassen.

Genau so unsinnig sind die Überlegungen, in der derzeitigen Situation Steuern zu senken. Wer 1,6 Billionen Euro Schulden angehäuft hat, sollte sich lieber Gedanken darüber machen, wie man von dieser Last herunterkommt. Schuldensenkungen auf der einen Seite bedeuten nämlich nur, dass die Kommunen auf der anderen Seite eigene Steuern, Gebühren, Abgaben erhöhen müssen. Linke Tasche, rechte Tasche. Taschenspielertricks gehören in den Zirkus und nicht in die Politik.
Es ist dringend notwendig, die Kommunen bei den Sozialausgaben zu entlasten.
Bundesweit beträgt der jährliche Zuwachs mittlerweile 2 Milliarden Euro. Der Bundesfinanzminister hat nun im Dezember erklärt, die Kommunen bei den Sozialausgaben in einer Größenordnung von 4 Mrd. Euro durch eine vollständige Übernahme der Kosten der Grundsicherung im Alter zu entlasten. Die Ankündigung nützt jedoch nicht viel, hier muss die Bundesregierung endlich handeln und das würde auch zu einer durchaus spürbaren Entlastung des Landkreises auf der Ausgabenseite führen.
Wir haben auch im Landtag in Baden-Württemberg – es ist noch gar nicht lange her – das Konnexitätsprinzip eingeführt. Leider lässt die Umsetzung sehr zu wünschen übrig. Ich nenne hier nur das Thema Doppik: Städte- und Gemeindetag waren übrigens zunächst davon ausgegangen, dass die Umsetzungskosten selbstverständlich vom Land zu ersetzen seien. Dies wäre unseres Erachtens auch folgerichtig und konsequent in Anwendung des Konnexitätsprinzips gewesen. Leider sind unsere kommunalen Landesverbände eingeknickt, hier appellieren wir an die Entscheidungsträger, künftighin das Konnexitätsprinzip streng im Auge zu behalten. Ich erinnere hier nur an das Urteil des Verfassungsgerichtshofs in Nordrhein-Westfalen zur Umsetzung des Kinderförderungsgesetzes, was sicherlich auch Signalwirkung für unser Bundesland haben könnte. „Wer bestellt, der bezahlt“ ist die klare Botschaft dieses Urteils.

Konkret zum Kreishaushalt: es ist vorgesehen, die Kreisumlage von 26 auf 28 Prozentpunkte zu erhöhen. Wir meinen, sehr geehrter Herr Landrat, dass dies absolut an den Interessen der Kreisgemeinden vorbeigeht.

Entgegen aller Prognosen und entgegen des Jammerns vor einem Jahr hat der Kreishaushalt, so haben Sie Herr Landrat selbst mitgeteilt, in 2010 ein gutes Jahresergebnis aufweisen können. Wie Sie selbst sagen, entspricht dies etwa einem Punkt Kreisumlage (rechnet man die Haushaltskonsolidierungseinsparungen von 2 Mio. Euro dazu). Dann muss doch aber noch ein Punkt entscheidend hinzukommen: dass auch der Kreis die günstigen Steuerschätzungen vom November 2010 und die aktuellen Prognosen für den Aufschwung in der Wirtschaft und beim Arbeitsmarkt berücksichtigt. Nimmt man dies alles zusammen, sind wir der Auffassung, dass die Erhöhung der Kreisumlage um einen Punkt auf 27 Punkte ein fairer Kompromiss zwischen den Ansprüchen der Landkreisgemeinden und dem Landkreis wäre. Ich würde jede Wette eingehen, dass dieser eine Punkt, der dann zu den 28 Punkten fehlen würde, durch ein gutes Jahresergebnis kompensiert wird. Die vergangenen Haushaltsjahre lassen grüßen.
Überall in den Landkreisgemeinden sind wir dabei, unsere Hausaufgaben insbesondere im Bereich der Kleinkinderbetreuung zu machen. Überall entstehen weitere Kleinkindgruppen.
Das ist auch richtig so. Dies kostet extrem viel Geld, nicht nur bei den Investitionen, sondern vor allen Dingen auch nachher bei den laufenden Kosten, weil sich das Land hier nicht gerade in vorbildlicher Weise beteiligt. Jeder Euro ist für die Kommunen wichtig und notwendig, und deshalb denken wir, dass der Kreis mit einer Kreisumlage von 27 % gut leben kann.

Bildung und Schule

Eine Studie des Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen vom Sommer 2010 hat zum wiederholten Mal aufgezeigt, dass gerade in Baden-Württemberg die Abhängigkeit der Bildungschancen von der Herkunft sehr hoch ist. Demnach ist die relative Chance, nach der Grundschule ein Gymnasium zu besuchen, für Akademikerkinder im Südwesten 6,6 Mal so hoch wie für Facharbeiterkinder. Das ist bundesweit der schlechteste Wert. Diese negativen Fakten, für die der Landkreis nichts kann, will ich verbinden mit einer positiven Bemerkung zum Landkreis Karlsruhe: Aus meiner Sicht hat der Landkreis Karlsruhe in den vergangenen Jahren hier Vorbildliches geleistet.
Ich denke an die Erweiterung der Käthe-Kollwitz-Schule in Bruchsal oder an die Sanierung der HLA-Bruchsal, ich denke an den Neubau der Eduard-Spranger-Schule in Oberderdingen oder auch an die „Außenstelle“ der Ludwig-Guttmann-Schule in Kronau.
Ähnliches kann man vom Land Baden-Württemberg allerdings nicht behaupten. Insgesamt sind im letzten Jahr in den Schulen in Baden-Württemberg 1,2 Mio. Unterrichtsstunden ausgefallen, an den allgemeinbildenden Schulen wohlgemerkt. Nun gab es im Verwaltungsausschuss vor wenigen Wochen eine Diskussion darüber, ob man mit dem Unterrichtsausfall an den beruflichen Schulen zufrieden sein kann oder nicht. Ich sage es für unsere Fraktion hier in aller Deutlichkeit: eine Fehlstundenquote von 6,2 % ist eine Schande für ein Land, das sich Kinderland nennt. Daran gibt es überhaupt nichts zu deuteln und es bringt uns überhaupt nicht weiter, wenn man davon spricht, dass dies gegenüber 2009 doch eine Verbesserung sei.
Erst recht nicht, wenn wir uns die im März 2009 in Deutschland in Kraft getretene UN-Konvention über die Rechte der Menschen mit Behinderung vergegenwärtigen, die uns alle vor enorme Herausforderungen in allen Lebensbereichen stellen wird.

Im Bereich Bildung bedeutet dies ganz konkret, Kindern, Jugendlichen und jungen Menschen mit Behinderung den Zugang zu den allgemeinen Schulen zu ermöglichen - und mit Zugang ist nicht nur die bauliche Barrierefreiheit gemeint! Es wird vielmehr ganz entscheidend darauf ankommen, dass die Lehrkräfte ihrem Bildungsauftrag gegenüber jedem Einzelnen auch tatsächlich gerecht werden können.
Und das bedeutet, wir brauchen gut qualifizierte Lehrkräfte und dies in ausreichender Zahl, zumal die Klassenteiler dann sicherlich dringend einer Überprüfung bedürfen. Hier ist das Land gefordert, zügig seine Hausaufgaben zu machen!
Was die Integration - inzwischen spricht man von Inklusion - von behinderten Kindern, Jugendlichen und jungen Menschen in den Regelangeboten anbelangt, sind wir hier im Landkreis sicherlich schon gut aufgestellt. So konnten wir die Kooperationen der kreiseigenen Sonderschulen mit den allgemeinen Schulen gerade in den vergangenen Jahren ausbauen, und wir können feststellen, dass inzwischen mehr behinderte Kinder durch Leistungen der Eingliederungshilfe - sowohl im Rahmen der Jugendhilfe als auch der Sozialhilfe - Regelkindergärten und Regelschulen integrativ besuchen können. Dass diese für die Betroffenen positive Entwicklung möglich wurde, ist einzig und allein dem persönlichen und finanziellen Engagement der Kreisverwaltung und des Kreistages zu verdanken.
Hier wird aber auch sehr deutlich, wie stark Bildungs- und Sozialpolitik miteinander verknüpft sind. Insofern kann ich nahtlos in den Bereich
Soziales überleiten.

In diesem Bereich, darf ich Ihnen, Herr Landrat, namens unserer Fraktion zunächst Lob und Dank aussprechen. Sie haben seit Ihrem Dienstantritt gezeigt, dass Ihnen die Sozialpolitik am Herzen liegt. Sie erinnern sich, dass unsere Fraktion Sie auf diesen Punkt vor Ihrer Wahl deutlich angesprochen hat. Wie schnell sich doch die Zeiten ändern. Ich habe zuletzt im Jahre 2006 die Haushaltsrede hier im Kreistag für unsere Fraktion halten dürfen. Es ist erst 5 Jahre her, als im Kreistag Themen wie Technologieregion, Baden Airpark, Messe Karlsruhe, Klage gegen die Grundsicherung, Austritt aus dem Kommunalen Arbeitgeberverband die vorherrschenden und bestimmenden Themen waren, übrigens mitgetragen von einer Mehrheit hier im Kreistag. Wir haben dies immer massiv kritisiert, damals mit wenig Erfolg.
Ich denke, in den letzten Jahren hat sich hier in der Verwaltung mit Ihnen an der Spitze und auch im Kreistag einiges zum Guten geändert, es wurde auch allerhöchste Zeit.

Wir sind sehr froh, dass inzwischen der Fokus sehr viel stärker auf den sozialen Aufgaben liegt, die der Kreis gerade als Jugendhilfe- und Sozialhilfeträger in kommunaler Selbstverantwortung wahrnimmt und die die Gemeinden über die Kreisumlage maßgeblich finanzieren.
Über diese Entwicklung sind wir sehr froh, denn bei diesen Leistungen geht es immer um die Menschen hier bei uns im Kreis, bei uns in den Kommunen.
Und es ist nun einmal auch so, dass die Transferleistungen mehr als die Hälfte des Ergebnishaushaltsvolumens ausmachen. In diesen Zahlen manifestiert sich auch, dass das soziale Feld eine der herausragenden Hauptaufgaben des Landkreises ist, das es verantwortlich zu bestellen gilt. Die wichtigsten Investitionen sind die Investitionen in Menschen - und wenn sie zielgerichtet erfolgen, sind es die „gewinnbringendsten“.
In diesem Kontext sehen wir auch den Antrag der Kreisverwaltung für die Option, den die SPD-Fraktion - nach von uns initiierten zugegeben zeit- und arbeitsintensiven Diskussionen - uneingeschränkt unterstützt haben. Dieser gemeinsame Entscheidungsprozess war wichtig und richtig; brachte er für uns alle ein Mehr an Transparenz für diese zukunftsweisende und sehr weitreichende Weichenstellung.

Bei allem Lob ist aber auch Kritisches zu bemerken. Nicht recht verstanden haben wir, Herr Landrat, Ihre Aussagen zur Schulsozialarbeit. Zur Erinnerung zitiere ich aus Ihrer Haushaltsrede: „Wir sollten auch nicht weiter auf eine Mitfinanzierung des Landes setzen. Das Land wird die Jugendsozialarbeit an Schulen nicht finanzieren, sondern sich auf die Einstellung so genannter pädagogischer Assistenten konzentrieren.“ Soweit Ihr Zitat. Nach unserem Dafürhalten haben Sie, Herr Landrat, in diesem Punkt viel zu früh nachgegeben. Das nennt man vorauseilenden Gehorsam.
Sie nehmen es als Gottgegeben hin, dass die Landesregierung sich aus diesem wichtigen Bereich zurückgezogen hat. Wenn ich mir anschaue, mit welch vorauseilendem Gehorsam die Landesregierung jetzt bei der Beamtenbesoldung vorgeprescht ist, weil man vielleicht hätte Prügel vom Beamtenbund einstecken müssen, muss ich sagen, dass beim Thema Schulsozialarbeit die Solidarität der kommunalen Vertreter sicherlich einiges hätte bewirken können, um das Land doch noch zum Umdenken zu zwingen. Auch wenn es noch so weh tut, hier nochmals die einfachen Fakten: die Tatsache, dass Schulsozialarbeit notwendig und wichtig ist, wird doch von niemandem mehr bestritten. Bereits im Jahr 1999 hat die Landtags-Enquete-Kommission „Jugend-Arbeit-Zukunft“ empfohlen, dass sich die Träger der Jungendhilfe, die Träger der Schulen und das Land die Finanzierung der Schulsozialarbeit zu je einem Drittel teilen.
Dies war eine einstimmige Beschlussempfehlung, also mit den Stimmen der Regierungsfraktionen und den Oppositionsfraktionen. Man hat dann seitens des Landes bis zum Schuljahr 2004/2005 die Jugendsozialarbeit an Schulen, übrigens insbesondere an Hauptschulen in sozialen Brennpunkten, unterstützt. Die Förderung wurde dann plötzlich ab dem Schuljahr 2005/2006 eingestellt. Interessanterweise unmittelbar nach der Landtagswahl. Tatsache ist, dass man damit die Kommunen hat im Regen stehen lassen.

Ich will es schlicht aus meiner Sicht beurteilen, und so ist es sicherlich allen Kolleginnen und Kollegen ergangen, die ebenfalls im Vertrauen darauf, dass das Land sich weiter an den Kosten beteiligt, Schulsozialarbeiter eingestellt haben: nachdem man in den Kommunen, in den Schulen, in Gemeinderäten und in der Elternschaft bemerkt hat, dass diese Aufgabe dringend notwendig ist, hat man politisch überhaupt keine Chance mehr, eine solche Stelle wieder abzuschaffen. Da spielt es übrigens für die Menschen draußen auch keine Rolle, wer dies überhaupt finanziert. Und dies ist das außerordentlich Verwerfliche am Verhalten des Landes. Die Proteststürme bei Abschaffung eines Sozialarbeiters würden ja nicht Richtung Landesregierung, sondern Richtung Rathäuser und Gemeinderäte gehen. Man hat hier sozusagen seitens der Landesregierung angefüttert und dann hat man sich davongeschlichen.
Wie gesagt, eine breite kommunale Forderung, angefangen von den Landräten über Oberbürgermeister und Bürgermeister bis hin zu den Gemeinderäten hätte hier sicherlich ein Umdenken im Land bewirken können.
Wir sprechen uns nachdrücklich dafür aus, dass die Schulsozialarbeit in allen Schularten gefördert wird. Wie wichtig der Erhalt und der Ausbau der Schulsozialarbeit sind, wird aus unserer Sicht u. a. an den Entwicklungen in der Jugendhilfe (Siehe Sozialbericht 2009) sehr deutlich, die wir mit großer Sorge sehen.
Zum 01.09.2010 waren in allen Schularten 25,8 Vollzeitstellen eingerichtet. Bei gleich bleibendem Volumen von 404.000 Euro bedeutet dies derzeit 15.500 Euro Zuschuss pro Vollzeitstelle, bei weiter steigenden Förderanträgen würde sich die Kreisförderung pro Stelle entsprechend reduzieren und zwangsläufig den Anteil der Kommunen erhöhen. Ich meine, man sollte diese Lösung auf zwei Jahre befristet anwenden und nach einem Jahr den Kreisgremien einen Zwischenbericht vorlegen.

Infrastruktur

Die enorme Kostensteigerung von fast einer Mio. Euro bei der Käthe-Kollwitz-Schule ist wohl auf an- und umbauspezifische Besonderheiten zurückzuführen. Erweiterten und teilweise auch neu gefassten Brandschutzvorschriften und den neuen energetischen Vorschriften muss natürlich entsprochen werden, diese Mehrkosten können und müssen wir deshalb mittragen. Wir registrieren hier positiv, dass die Bildung eines Arbeitskreises letztendlich zu mehr Transparenz in den Gremien geführt hat.

Zum Thema Bildung habe ich vorhin schon einige Ausführungen gemacht. Eine große Aufgabe wird beim Bildungszentrum Ettlingen auf uns zukommen.
Der Bedarf wird auf 40 – 50 Mio. Euro geschätzt. Wir regen deshalb an, schon ab dem Beginn der Planvorstellungen einen Arbeitskreis zu bilden, der sich mit den entsprechenden Details befasst, um die bei solchen Großprojekten notwendige Transparenz zu gewährleisten. Auch müssen zuvor, wie dies bereits von uns angekündigt wurde, die vorbereitenden Gespräche über die notwendigen und zukunftsfähigen Schulprofile geführt werden.

Der Ansatz von 500.000 Euro für die notwendige Instandhaltung der Kreisstrassen wird bei weitem nicht auskömmlich sein können. Wir haben eine Gesamtlänge der Kreisstrassen von 267,6 km. Dies bedeutet an Instandhaltungsmaßnahmen gerade einmal 1,87 Euro pro laufenden Meter. Dass nach dem harten Winter dies nicht ausreichen kann, liegt auf der Hand. So hat beispielsweise auch das Land jetzt im 3. Nachtrag 15 Mio. zusätzlich veranschlagt.

Die für 2011 geplanten Vorhaben werden von uns mitgetragen, z.B. die K 3581 Ausbau Silberstreifen, die Einstellung einer Planungsrate für die Beseitigung des schienengleichen Bahnübergangs Gondelsheim oder auch das angestrebte Planfeststellungsverfahren der K 3575 Ortsumgehung Bad Schönborn.

ÖPNV

Hier will ich zwei Punkte ansprechen:

Die Stadtbahn von Stutensee über Bruchsal bis nach Waghäusel findet unsere uneingeschränkte Unterstützung. Dankbar bin ich als mit betroffener Bürgermeister dafür, dass wir an einem Strang ziehen und vor allem in die gleiche Richtung. Gut ist auch, dass niemand als Oberlehrer in die Probleme der jeweils anderen Kommune hinein redet. Wie die Gleisführungen in den jeweils betroffenen Städten und Gemeinden stattfindet, muss in den jeweiligen Städten und Gemeinden von den Kommunalgremien unter intensiver Beteiligung der Bürgerschaft beschlossen werden. Die SPD-Fraktion wünscht sich, dass das standardisierte Verfahren jetzt zügig durchgeführt wird, damit die weiteren Verfahrensschritte betrieben werden können. Als Nordwestler sage ich deutlich: dies Maßnahme ist eine einmalige Chance für diese Region, die ja bislang gerade von der Stadtbahn mit allen Annehmlichkeiten und Vorteilen abgehängt war.

Ein Problem sehen wir nach wie vor bei der Tarifüberlappung. In den BNN vom 20.12.2010 wurde quasi schon ein Sieg gefeiert: „KVV-Ticket in die Metropolregion“. Ganz so weit sind wir leider noch nicht, wie die letzte Aufsichtsratssitzung beim KVV gezeigt hat.
Außer dem Landkreis Karlsruhe scheint hier niemand ein besonderes Interesse an tarifübergreifenden Fahrscheinen zu haben. Bis Mitte des Jahres werden jetzt konkrete Vorschläge vom KVV, insbesondere auch im Hinblick auf die entstehenden Kosten, vorgelegt. Ich sehe die Situation augenblicklich so, dass der Landkreis hier auf einsamen Posten steht, weil ihm die engagierten Mitspieler fehlen. Das macht uns traurig, denn Solidarität sieht anders aus. Wir fordern die anderen Gesellschafter des KVV deshalb auf, sich an diesen Kosten solidarisch zu beteiligen.

Doppik

Bevor ich zum Ende komme, kann ich es mir beim besten Willen nicht verkneifen, noch einige Sätze zur Doppik zu sagen. Was wurde doch die doppelte Buchführung in Konten als Heilsbringer für die Städte und Gemeinden gepriesen! Nachhaltiges Wirtschaften und Generationengerechtigkeit waren die Schlagworte. Bloß nicht auf Kosten unserer Enkel und Urenkel wirtschaften! Hehre Worte. Ich durfte im Landtag in beiden Lesungen für unsere Fraktionen zu diesem unsinnigen Gesetz sprechen, und Kollege Rupp hat es hier im Kreistag auch deutlich gemacht: wir werden in Baden-Württemberg zig Millionen Euro an Umsetzungskosten haben, ohne einen Cent mehr in unseren Kassen zu haben.
Wir haben stets davor gewarnt, dass die Einführung der Doppik in den Landkreisen letztlich von den Kommunen zu zahlen ist. Und genau dies ist jetzt eingetroffen! Entgegen aller Vorgaben der Doppik stimmen wir heute darüber bzw. beschließen wir, dass die Abschreibungen in Höhe von 8 Millionen Euro nicht erwirtschaftet werden. Das ist Doppik light, oder besser gesagt die Doppik auf den Kopf gestellt. Weil wir die Abschreibungen nicht erwirtschaften, leben wir jetzt doch wieder auf Kosten der Enkel und Urenkel, oder wie soll man diesen Vorschlag sonst verstehen? Oder noch deutlicher: Würden wir heute beschließen, die Abschreibungen doch zu erwirtschaften, ginge das nur und ausschließlich mit einer Erhöhung der Kreisumlage um mehr als einen Punkt. Also auf Kosten der Kommunen. Dies ist landesweit das Extrembeispiel dafür, dass die Doppik den Interessen der Kommunen nicht dient, sondern ihnen gerade entgegenläuft.

Sehr geehrter Herr Landrat, Sie haben, wofür Sie nichts können, nicht immer gute Spielkarten gehabt. Im Gegenteil: Bund und Land haben Ihnen oft ein schlechtes Blatt in die Hand gegeben. Nicht zufällig, sondern absichtlich. Auch den anderen Mitspielern, also uns Kommunen, wurden mehr Luschen als Trümpfe von oben ausgegeben. Aber Sie haben es verstanden, mit diesen schlechten Karten dennoch vernünftig zu spielen.
Dies gilt übrigens für alle OberbürgermeisterInnen, BürgermeisterIn und Gemeinderäte vor Ort und nicht zuletzt gilt dies für dieses Gremium, den Kreistag. Abschließend darf ich im Namen der SPD-Fraktion Ihnen Herr Landrat Dr. Schnaudigel, der gesamten Verwaltung, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unserer Krankenhäuser, Schulen und der Abfallwirtschaft herzlich für ihre gute und kompetente Arbeit danken. Dieser Dank gilt auch allen Kolleginnen und Kollegen hier im Kreistag für die gute und konstruktive Zusammenarbeit.

Herr Landrat, wir stellen den Antrag, vor der Beschlussfassung über den Haushalt die Kreisumlage auf 27 Punkte festzusetzen. Sollte der Kreistag die Kreisumlage mit 28 Punkten beschließen, wird die SPD-Fraktion den Haushalt ablehnen.

 

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